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Der Ortsteil Hochmoor

 

Der Ortsteil Hochmoor - Mit dem Torf fing alles an

Der Naturraum „Weißes Venn“ liegt am Rande der westfälischen Bucht und erstreckt sich auf Flächen der Nachbarorte Gescher, Coesfeld, Reken und Velen.

Das ehemalige Moorgebiet befand sich ursprünglich auf einer Fläche von etwa 1.200 ha und war damit Ende des 19. Jahrhunderts noch das größte Hochmoor in Westfalen. Darin eingebunden lag die Quellregion des Heubaches mit ihrer ausgedehnten Feuchtwiesenlandschaft.

Das „Weiße Venn“ war noch Mitte des 19. Jahrhunderts ein schwer zugängliches Gebiet. In ersten Kartierungen findet man sogar die Flurbezeichnung „Unland“. Die Mächtigkeit des Torfkörpers aus Schwarz- und Weißtorf belief sich auf Stärken von zwei bis fünf Metern.

Die Bezeichnung „Weißes Venn“ ist wohl auf das zwischen März und Mai, manchmal auch im September weiß blühende Wollgras zurückzuführen, das zur Blütezeit große Flächen des Hochmoores bedeckte.

Der Torfabbau erfolgte anfangs nur im kleinen Rahmen am äußeren Rand dieser Moorflächen. Eine Besiedelung der sogenannten Tungerloher Mark war nur sehr schwer möglich. Eine erste Ansiedlung erfolgte daher erst Ende des Jahres 1846.

Dies änderte sich erst mit der Teilkultivierung der Vennflächen und der Ansiedlung des Torfwerks Klasmann in den Jahren 1906 bis 1908. Infolge dieser Entwicklung entstanden unweit des Werks im Jahre 1909 erste Siedlungsansätze; der Bau einer einklassigen Schule erfolgte dann im Jahre 1912. Dies war der Grundstein für den heutigen Ortsteil Hochmoor. Die offizielle Namensgebung „Hochmoor“ erfolgte erst nach langer Debatte und zahlreichen Alternativvorschlägen im Jahr 1962.

Der industrielle Torfabbau dauerte allerdings nur ca. 50 Jahre und endete kurz nach dem großen Moorbrand im Jahre 1959. Gegen Ende des Torfabbaus und nach Abschluss weiterer Kultivierungs- und Infrastrukturmaßnahmen wurden die ehemaligen Vennflächen in weiträumige landschaftliche Nutzflächen mit zahlreichen kleinen Hofstellen umgewandelt. Dadurch kam es in vielen Bereichen zu einem deutlichen Wandel im Landschaftsbild. Parallel dazu erfolgte eine abschnittsweise kontinuierliche Entwicklung der Siedlungs- und Gewerbeflächen von Hochmoor.

Wollgrasblüte um 1920
Typische Moorlandschaft
Torfstich in Handarbeit
Trocknungslagerung
Beschwerlicher Abtransport
Torfwerk um 1910
Arbeitersiedlung Klasmannstraße
Die erste Schule 1912
Kultivierung im Moor
Maschineller Torfabbau
Erste Läden entstehen ab 1933
Landwirtschaft im ehem. Moor

Hochmoor – 100 Jahre

Entstehung des Hochmoors vor etwa 4.000 bis 5.000 Jahren
 

1846 Erste offizielle Ansiedlung durch den Kötter Henrich Hermann Höbing. Schon zu dieser Zeit gab es am Rand des Hochmoorgebietes privaten Torfstich im überschaubaren Rahmen.

1906-08 Beginn des industriellen Torfabbaus auf Flächen des Hauses Landsberg-Velen und Gemen durch das Unternehmen Klasmann.

ab 1907 Bau einer Eisenbahnverbindung (Vennebähnken) zwischen dem Torfwerk und dem Bahnhof Velen bzw. der dortigen Bahnlinie Empel - Coesfeld

ab 1909 Bau einer ersten Arbeitersiedlung für deutsche und niederländische Torfarbeiterfamilien an der Klasmannstraße

1912 Gründung einer einklassigen Volksschule. Hochmoor wird eigenständige Schulgemeinde. Geburtsstunde des Ortsteils Hochmoor

1917 Zahlreiche Kriegsgefangene kommen beim Torfabbau zum Einsatz, nachdem die niederländischen Familien wegen des Weltkrieges zurück in ihre Heimat gezogen waren.

1918/19 Das Torfwerk entwickelt sich stetig weiter. Wasser- und Elektrizitätswerk entstehen zur Versorgung von Werk und Siedlung.

ab 1925 Eine zweite Arbeitersiedlung (Neue Kolonie) für Neubürger aus ehemaligen deutschen Ostgebieten entwickelt sich an der Stephanusstraße.

1929 Neubau der Torffabrik nach einem Großbrand im Jahre 1928.

1931 Verkauf des gräflichen Moorbesitzes an eine Siedlungsgesellschaft, die später unter dem Namen „Rote Erde“ firmiert.

1935/36 Erste feste Straßenverbindung nach Velen und zum „Gabelpunkt“. Bau der zentralen „Pappelallee“. Beginn großflächiger Kultivierungs- und Entwässerungsarbeiten im „Weißen Venn“

1940 Im Moorgebiet wird ein Schein-Flughafen errichtet. Im Torfabbau kommen  140 Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter zum Einsatz.

1942 Der Landschaftsraum „Fürstenkuhle“ wird wegen seiner besonderen Flora und Fauna sowie der noch ursprünglichen Moorlandschaft unter  Naturschutz gestellt.

1947 Umfangreiche Kultivierungsarbeiten und Grundstücksparzellierungen im Bereich der ehemaligen Torfflächen. Das Landschaftsbild vom Weißen  Venn ändert sich grundlegend. Ansiedlung der Pharma GmbH, die  Kriegsheimkehrern und „Ostvertriebenen“ Arbeitsplätze schafft.

ab 1950 Erste Kleinstbauernhöfe entstehen. In der Siedlung gibt es eine Gaststätte, eine Bäckerei, eine Poststelle und eine Schreinerei.

1959 Großflächiger Moorbrand in den heißen Sommermonaten. Der Torfabbau kommt langsam zum Stillstand. Ansiedlung der Trapo AG (vormals Karl Stumpf)

1960 Neubau der Volksschule an der Pappelallee löst die alte Schule ab.

1961 Verstärkter Siedlungsbau südlich der Pappelallee. Gründung einer Filiale  der Spar- und Darlehenskasse Gescher (heute Volksbank Gescher eG)

1962 Der Heimatverein wird gegründet. Die Ortsbezeichnung „Hochmoor“ wird offiziell festgelegt.

1966 Eine Übergangskirche (heutiges Pfarrheim) entsteht an der Landsbergstraße. Gründung einer Filiale der Kreissparkasse Coesfeld (ab 1978 Kreissparkasse  Borken, heute Sparkasse Westmünsterland)

1967 Die Tierklinik zieht ins Gewerbegebiet.

1972 Das evangelische Gemeindehaus entsteht.

1976 Einweihung der neuen katholischen Kirche St.-Stephanus

1979 Hochmoor siegt im Landeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden

1998 Die Grundschule wird vergrößert und erhält neben neuen Klassen ein Bürgerforum (Aula).

2002 Die katholische Kirchengemeinde wird Teil der Seelsorgeeinheit Velen und Ramsdorf.

2010 Ein Mahnmal zur Erinnerung an die zahlreichen Zwangsarbeiter des 2. Weltkrieges wird aufgestellt.

2012 Hochmoor feiert sein 100-jähriges Bestehen in der „Grünen Mitte“.

2020 In Hochmoor wohnen circa 2.000 Bürgerinnen und Bürger.

Vennebähnken
Optantensiedlung 1925 – 1960
Moorentwässerung 1935
Tiefpflüge im Einsatz
Moorbrand 1959
Die Siedlung wächst 1967

Das „Weiße Venn“

Das „Weiße Venn“ und die Heubachwiesen im erneuten Wandel

Schon im Jahre 1942 wurde das Gebiet Fürstenkuhle als erstes Naturschutzgebiet in der Region unter besonderen Schutz gestellt, um dort die Besonderheiten der typischen Moorlandschaft zu erhalten.

Nachdem in den Folgejahren große Teile des ehemals größten Moorgebietes im Münsterland durch die umfangreichen Entwässerungs- und Kultivierungsarbeiten in intensiv bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen umgewandelt wurden, veränderte sich die ehemals weitläufige Moorlandschaft grundlegend. Erst zum Ende des 20. Jahrhunderts führten private Bemühungen und Initiativen der Naturschutzbehörden – unterstützt durch öffentliche Fördermaßnahmen – zu verstärkten Kooperationen von Naturschutz und Landwirtschaft und damit zur schrittweisen Rückgewinnung des schützenswerten Naturraumes.

Diese Bestrebungen haben inzwischen deutlich zugenommen. So konnten östlich der Ortslage Hochmoor weitere Flächen vom „Weißen Venn“ und der Heubachniederung unter Natur- und Landschaftsschutz gestellt werden. Neben der Fürstenkuhle hat sich seit 1988 gerade das Naturschutzgebiet Kuhlenvenn zu einem besonderen Anziehungspunkt für Naturfreunde entwickelt. Zahlreiche feuchte Wiesen mit eingestreuten kleinen Seen (Blänken) und den Röhricht- und Uferzonen bieten immer wieder wechselnde Eindrücke dieses vielseitigen Naturraumes.

Besonders die artenreichen Wasser-, Wat- und Wiesenvögel, die diesen Bereich als Brutplatz oder zwischenzeitlichen Rastplatz nutzen, lohnen einen Besuch und machen ihn für Jung und Alt ganzjährig zum Naturerlebnis. Erfreulicherweise ist festzustellen, dass sich große Teile des Landschaftsraumes „Weißes Venn“ somit erneut in einem Wandel befinden.

Wer neben den Informationen auf den im Gebiet aufgestellten Tafeln weitere Details erfahren möchte, kann sich an den Kreis Borken, Fachbereich Natur und Umwelt (info@kreis-borken.de), die Biologische Station in Zwillbrock (www.bszwillbrock.de) oder den örtlichen Heimatverein (www.heimatverein-hochmoor.info) wenden.

All diese Ansprechpartner informieren Sie gern.

Landschaft im Weißen Venn um 1900
Moor- und Heidelandschaft
Heideweg
Kultivierung in den 1930er Jahren
Wiedervernässung
Zugvögel im Kuhlenvenn
In der Fürstenkuhle
Impressionen aus Kuhlenvenn und Fürstenkuhle