Station D

Ursprünge der Ortsgeschichte

 

Ursprünge der Ortsgeschichte

Das Stift Borghorst besaß um 950 im hiesigen Raum umfangreichen Grundbesitz, verteilt auf zehn Hofanlagen. Darunter auch den Oberhof Gasgare, auf den die Namensgebung für die erste Pfarre und den Ort Gescher zurückgeht. Ein exaktes Gründungsjahr für die Ur-Pfarre und den eigenständigen Ort Gescher ist nicht belegt; dies dürfte allerdings in der Zeitspanne zwischen etwa 985 und 1020 anzusiedeln sein. In der Zeit davor war Gescher Stadtlohn zugeordnet.

Bevor sich das Kirchspiel Gescher vorwiegend entlang des Hellweges – einer Verbindung zwischen Coesfeld und Stadtlohn – zum Straßendorf entwickelte, bestand die bebaute Ortslage nur aus der zentral gelegenen Kirche mit einem geschlossenen Ring aus Häusern und Speichern. Die Kirche selbst fungierte dabei zeitweise sogar als Fluchtburg. Geschützt war dieses Ensemble durch Wassergräben, die von drei Siepen gespeist wurden. Dieses Schutzsystem wurde nach 1665 aufgegeben. Neue Straßenzüge wie die Hauptstraße, der südliche Kirchplatz, die Armlandstraße und die Eschstraße entstanden. Der Ort entwickelte sich danach vorwiegend nach Westen und Südosten zu einem in Westfalen häufig anzutreffenden typischen Straßendorf.

Diese einfache Grundstruktur im Zentrum des Ortes hatte überwiegend noch bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts Bestand. Bedingt durch eine starke Bevölkerungsentwicklung, hervorgerufen z. T. durch eine große Zahl an Ostflüchtlingen, die hier in Gescher eine neue Heimat fanden, aber auch durch eine positive Entwicklung auf dem Handels-, Dienstleistungs- und Gewerbesektor, veränderte Gescher sein Gesicht.

Besonders der Ortskern und sein direktes Umfeld waren ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder einem starken Wandel unterworfen. Veränderungen bzw. Erweiterungen des bis dahin eher sehr begrenzten Straßennetzes erfolgten, um den Ortskern und die sich schrittweise nach außen entwickelnden Wohn- und Gewerbequartiere bedarfsgerecht zu erschließen und um damit die Voraussetzungen für eine zeitgemäße Stadtentwicklung vorzuhalten.

Weitere Einzelheiten zur Ortsgeschichte finden sich auf nebenstehender Tafel sowie auf der Geschichtsstation F (Marien-Quartier).

Romanischer Taufstein, 11. Jh.
Gotische Pfarrkirche bis 1889
Hauptportal, 12. Jh.
Der Oberhof Gasgare
Nördlicher Ortskern um 1850
Westliche Hauptstraße um 1940
Armlandstraße um 1940
Südlicher Kirchplatz um 1920
Ortskern im Umbruch um 1966

Daten und Fakten Gescher in Daten und Fakten von 1500 bis 1900

 

um 1500 zählte das Kirchspiel 520 abgabepflichtige Einwohner, etwa die Hälfte davon lebten im eigentlichen Dorf

1570 Großbrand zerstörte das Dorf fast vollständig

1600-50 Verfall des Ortes in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch kriegerische Auseinandersetzungen in der Region während des 30-jährigen Krieges. Unweit von Gescher fand 1623 im Lohner Bruch bei Stadtlohn eine entscheidende Schlacht zwischen den Truppen des protestantischen Feldherrn Christian von Braunschweig und dem Heer der katholischen Liga unter der Führung von Graf Tilly statt. Über 6.000 Soldaten verloren beim Sieg des Grafen Tilly ihr Leben. Am Ende des 30-jährigen Krieges lebten nur noch neun Familien im Ortskern von Gescher.

18.Jh. Aufschwung des Ortes. Das Leben der Bewohner bestimmten Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Anfänge der Textilindustrie und der Glockenguss. Das Dorf Gescher war in sechs „Rott“- Bezirke aufgeteilt. An deren Spitze standen Rottmeister, die das politische und gesellschaftliche Leben und die Ordnung wesentlich bestimmten.

ab 1789 Auswirkungen der Französischen Revolution im Raum Gescher spürbar

1803 Wird Gescher als Teil des Kreises Ahaus Frankreich unterstellt, erstmals gemeinsame Verwaltung für Dorf und Kirchspiel

1806 Alexius Petit d. J. lässt sich, mit dem bereits um 1690 in Lothringen gegründeten Betrieb, in Gescher als Glockengießer nieder.

ab 1808 Wird schrittweise die Leibeigenschaft abgeschafft

1811 Fällt das Münsterland an Preußen

1816 Wird Gescher Teil des Kreises Coesfeld. Damit verbunden war die Bildung eines Amtes aus sechs Teilgemeinden.

um 1800 Anfänge der Textilproduktion, zuerst in Heimarbeit, später dann Übergang zur industriellen Fertigung von Textilien

1827 Zählt das Dorf Gescher 870 und die Bauernschaften 2387 Einwohner          

1839 Errichtung einer Postexpedition, 1873 um eine Telegraphenstation ergänzt

ab 1850 Strukturwandel der Landwirtschaft, u.a. durch den Einsatz von Kunstdünger

1855 Wird die bischöfliche Stiftung Haus Hall gegründet      

1861 Wird die Textilfirma H. & J. Huesker & Co. KG gegründet, im Jahre 1867 wird bereits auf 200 Webstühlen produziert.

ab 1862 Entstehung weitere Textilbetriebe, zunächst Webereien, später auch Spinnereien. Durch den erfolgreichen Anbau von Flachs und Hanf wurde die Region zu einem Mittelpunkt der europäischen Textilindustrie.

ab 1870 Industrieller Aufschwung, mehrere metallverarbeitende Betriebe           

1873 Wird das Krankenhaus fertiggestellt          

1881 Gründung der Gemeindesparkasse Gescher (heute Sparkasse Westmünsterland)                

1889 Wird der neogotische Turm an der Pankratiuskirche errichtet, er dominiert bis heute die Stadtsilhouett                   

1898 Gründung der Spar- und Darlehenskasse Gescher (heute Volksbank Gescher eG)                

1899 Versorgt die Fa. Huesker das Dorf mit Licht und Kraftstrom             

1900 Zählt Gescher 4200 Einwohner

Historische Karte von 1579
Bronzeguss seit 1690
Landwirtschaft im Wandel
Beschwerliche Heimarbeit
Krankenhaus ab 1873
Industrielle Textilproduktion
Postexpedition im Hotel Grimmelt

Daten und Fakten Gescher in Daten und Fakten von 1901 bis 1949

 

1905 Bau des dominanten Spinnereigebäudes durch die Fa. Huesker, bereits um

1909 im gleichen Stil erweitert

1906 Beginn des industriellen Torfabbaus im „Weißen Venn“ in Hochmoor

1907/08 Anbindung an das überörtliche Schienennetz; Bau des Bahnhofs Gescher

1909 Erste Arbeitersiedlung mit 14 Häusern an der Klasmannstraße in Hochmoor

1912 Bau einer ersten Volksschule in Hochmoor, heutiges D(T)orfmuseum

1914-18 1. Weltkrieg – 392 Kriegsteilnehmer aus Gescher.
Davon kehrten 175 nicht mehr zurück. Im Ort und in der Landwirtschaft herrschte Mangel und ab

1915 eine staatlich verordnete Zwangswirtschaft.

1920er verstärkte private Bautätigkeit im Ort

1931 Bau einer Straßenverbindung zwischen dem „Gabelpunkt“ und dem Nordrand von Hochmoor

1933 Moorkultivierung im „Weißen Venn“ unter Mithilfe des damaligen Reichsarbeitsdienstes, Gründung einer NSDAP-Ortsgruppe und der örtlichen Hitlerjugend

1934 Fa. Eckrodt errichtet eine Spinnerei an der Fabrikstraße

1935 Eröffnung einer Badeanstalt im Berkelbogen bei „Alfers Mühle“

1936 Gescher erhält ein Amtswappen (drei Enten im Fluss). Anton Huesker wird der bis heute einzige Ehrenbürger von Gescher.

1938 Ausschreitungen beim Novemberpogrom gegen jüdische Mitbürger und deren Einrichtungen

1940 Einweihung der neuen Volksschule, heute Von-Galen-Schule

1941 Deportation aller 20 jüdischen Einwohner nach Riga, Lettland

1944/45 Gescher wird Lazarettort. Trotzdem erfolgten vereinzelt Bombardierungen im Bahnhofsumfeld, am Scheinflughafen Hochmoor und im Bereich des östlichen Ortskerns (Königstraße), dort starben am 22. März sechs Anwohner. Mehrere Flugzeugabstürze  und Bombardierungen in Randbereichen des Ortes mit Toten, Verletzten und erheblichen Sachbeschädigungen.

1945 Einmarsch alliierter Truppen am Karfreitag, 30. März. Gescher beklagt rund  550 Kriegstote und zahlreiche Kriegsversehrte.

1946 Zeitweise sind 2.300 Ostvertriebene in Gescher untergebracht.

1947 Gründung des Heimatvereins, erster Vorsitzender wird Dr. Hans Hüer

1949 zählt Gescher 10.000 Einwohner

Modernes Spinnereigebäude um 1908
Bahnhof Gescher um 1910
Industrieller Torfabbau
Marsch in den 1. Weltkrieg
Der erste und einzige Ehrenbürger
Erste Badeanstalt 1935
Erste Badeanstalt 1935
Vertreibung nach Westen